Braille- oder Punktschrift
Sechs Punkte. Drei in der Höhe, zwei in der Breite: Eine simple Kombination. Und so genial. Sie eröffnet blinden und sehbeeinträchtigten Menschen die unendlichen Möglichkeiten der Sprache und der Zahlen. 64 Variationen genügen dafür.
1825 stellte Louis Braille seine Blindenschrift fertig, gerade einmal 16-jährig. Dabei baute er auf Überlegungen anderer auf, vereinfachte jedoch die zum Teil komplexen Systeme von Relief, Punkten und Silben. Inspiriert wurde er durch die 12-Punkte-Nachtschrift aus französischen Kriegszeiten, dem Barbier-Alphabet. Die Anzahl von sechs Punkten ergab sich aus der Erfahrung, dass maximal sechs Tasteindrücke gleichzeitig von einer Fingerkuppe wahrgenommen werden können.
Die Brailleschrift bot blinden Menschen erstmals die Möglichkeit, sich schriftlich auszudrücken. Sie war eine der grössten Revolutionen in der Entwicklung des Blindenwesens. Lesen wurde für alle möglich. Eine umfassende Bildung wurde für alle möglich. Und wer gebildet ist, möchte auch sein Leben selbstbestimmt leben. Die Blindenselbsthilfebewegung formierte sich. Die Brailleschrift ist übrigens universell. Sie funktioniert in allen Sprachen.
Die Brailleschrift hat einen festen Platz in unserem Unterricht. Auch wenn heute die elektronisch übertragene Information überall präsent ist und sehbeeinträchtigte Menschen auditive Hilfsmittel zur Verfügung haben: Die Kenntnis der Brailleschrift hat grosse Vorteile.
Menschen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung können selbstbestimmt zwischen Hören und Lesen entscheiden. Sie wählen situativ und je nach Aufgabe aus, welches Medium sie nutzen, und entwickeln so die passende Strategie für ihren Arbeits- oder Lernprozess. Je nachdem liegen die individuellen Stärken im Hör- oder im Lesebereich.
Ohne Brailleschrift läuft man Gefahr, lesen und schreiben zu verlernen. Notizen in Brailleschrift lassen sich schnell und einfach in Schwarzschrift, dem Schriftbild für sehende Menschen ausdrucken. Beschriftungen im Alltag, Packungen von Medikamenten beispielsweise, sind einfach zugänglich, ohne elektronisches Hilfsmittel und ohne Strom!
Wir führen eine individuelle Abklärung durch. Bei stark sehbeeinträchtigten Kindern gilt es, die richtige Wahl des Schriftmediums zu treffen – Braille, Schwarzschrift oder eine Kombination davon – und dies zum richtigen Zeitpunkt.
Der Entscheid für die Brailleschrift ist für die Kinder stets mit dem Bewusstsein verbunden, dass das Sehvermögen nur noch beschränkt oder gar nicht mehr vorhanden ist. Dies kann psychisch sehr belastend sein und Auswirkungen auf die Motivation haben, die Brailleschrift lernen zu wollen. Wir beginnen deshalb bei stark sehbeeinträchtigten Schülerinnen und Schüler früh, nebst der Schwarzschrift bereits auch die Brailleschrift auf eine altersgerechte und spielerische Art und Weise zu unterrichten. Dies in engem Austausch mit den Eltern
- Basisschrift
- Kurzschrift
- Vollschrift
- Sechs- und Achtpunktschrift
- Braille für Musiknoten
- Braille in den Naturwissenschaften
In Brailleschrift lesen geht auch ohne Lichtquelle und somit ohne Strom.