Eat dessert first
Bistro«Life is short – eat dessert first.» Haben Sie diesen Spruch schon gehört? Haben sich das eine oder andere Mal gedacht, beim nächsten Mal mache ich das genau so? Und haben es doch noch nie in die Tat umgesetzt?
Nun, wir laden Sie heute ein, diese kulinarische Verführung mit uns zu geniessen. Das hat einen handfesten Grund: «Das Essen war ausserordentlich lecker, aber das Dessert, das toppt alles.» «Wir essen hier immer sehr gut, aber dieses Mal, das Dessert ...» «Darf ich das Rezept haben? Das vom Dessert?» Die Komplimente an die Küche waren an diesem Bistrotag einstimmig.
Schon auf dem Weg durch die verwinkelten Gänge im Untergeschoss des Franziskuszentrums gleich neben der Blindenschule Zollikofen liegt ein Hauch von Minze, Basilikum und Zitrone in der Luft. Beim Näherkommen gesellt sich zum Duft das Stakkato eines Messers.
Im Arbeitsraum angekommen sieht man Rosida Büschel um Büschel der delikaten Gewürze fein hacken. Sie werden der Zitronenmousse den unverwechselbaren Geschmack geben. Wenn Ihnen nun das Wasser im Munde zusammenläuft:
Zitronen-Mousse mit Basilikum und Minze
2 Zitronen
abreiben und den Saft auspressen
2 weitere Zitronen
halbieren, das Fruchtfleisch herauslösen und in den Tiefkühler stellen; das werden die «Dessertgläser». Aus dem Fruchtfleisch können Sie eine feine Limonade herstellen.
5g frisches Basilikum
5g frische Minze
fein hacken
250g Rahm mit
50g weissem Zucker
mit den Kräutern unter Rühren zum Köcheln bringen. Hitze reduzieren und Zitronensaft hinzufügen. Ein paar Minuten unter Rühren leicht köcheln lassen.
Erst am Ende den Zitronenabrieb unterrühren, ansonsten wird die Mousse bitter.
In die Zitronenhälften füllen und mindestens 3 Stunden oder über Nacht im Kühlschrank kühlen. Kalt servieren und geniessen.
Amuse-Bouche
Es ist Montagmorgen, 8 Uhr. Die Küchencrew versammelt sich im Neubau des Pfarreizentrums der Franziskuskirche: Rosida, Emilio, Levi, Eric und Valentin. Die Schülerin und die Schüler sind zwischen 13 und 17 Jahren alt und nicht jeder mag fürs Fotoshooting zur Verfügung stehen. Deshalb sehen Sie auf den Bildern Rosida, Emilio, Levi und nur die Hände von Eric, der aus dem leeren, grauen Saal ein einladend farbiges Bistro zaubert. Sie schnappen sich je eines der Rezepte und diskutieren, wer heute welche Aufgabe übernimmt. Jeden Montag tischt das Bistro zum Mittagslunch auf; auch für auswärtige Gäste. Ein Dreigänger plus Amuse Bouche. Um 12 Uhr werden die Gäste eintreffen. Keine Zeit zu verlieren, die Crew stiebt auseinander.
Levi bereitet seinen Arbeitsplatz vor: Zwiebeln, schwarze Oliven, gedörrte Pflaumen. Schneidebrett, Mixer, Messer. Teig, Käse, Zahnstocher. Genau prüft er die Gläser und Packungen, bevor er die Zutaten für die Streichmasse in den Mixer gibt. Levis Augenleistung ist eingeschränkt. Trotzdem schneidet er souverän den zusammengerollten Teig zu schmalen Rollen, die später den Appetit der Gäste noch mehr anregen werden. Der 13-Jährige wählt seinen Arbeitsplatz im grossen Saal, der später der Ess-Saal sein wird. Die grosszügige Anlage im Franziskuszentrum erlaubt, dass die Schülerinnen und Schüler individuell und in Ruhe konzentriert arbeiten können. Neben ihm mixt Emilio die Sauce, die dem Randensalat sein Aroma verleihen wird. Die Gerichte sind Teamwork.
Levi hat die vorhergehende Nacht schlecht geschlafen, ein Anflug einer Erkältung, und hat eigentlich keine Lust zum Reden. Doch es gibt ein Thema, bei dem er seine Müdigkeit vergisst und kaum mehr zu stoppen ist: Elektronik. Er liebt es zu tüfteln. Kein Elektroschrott ist sicher vor ihm, schon so manches Teil hat er wieder zum Funktionieren gebracht. Sein ganzer Stolz ist ein 3-D-Drucker, der nigelnagelneu zuhause in seinem Zimmer steht. «Ich nehme auch Aufträge entgegen», sagt er verschmitzt. Auch für Reparaturen.
Randen-Salat
Währenddessen im zentralen Arbeitsraum. Rosida dreht Kilo um Kilo gekochte Randen durch die Trommelreibe. Zarte rosa Punkte breiten sich in einem Halbkreis auf dem Tisch aus. Ihr Wunsch wäre es, als Köchin zu arbeiten. «Ich bin diejenige, die meistens zuhause das Kochen übernimmt.» Rosida hat immer ein Lächeln auf den Lippen, die Vorbereitungen machen ihr sichtbar Freude. Mit einem runden Ausstecher bringt sie den Randensalat in Form. Versehen mit einem Blatt grünen Salates und einem Oreganozweig ist der erste Gang eine wahre Augenweide.
Zuvor hat sie das Gemüse für den Hauptgang gerüstet, geschnitten und gehobelt, später wird sie für das Dessert die Sahne-Kräuter-Mischung in die gefrorenen Zitronenhälften giessen. Millimetergenau füllt die Perfektionistin die originellsten «Dessertgläser». Und flucht auch mal leise vor sich hin, wenn ein Tropfen der leckeren Masse die Halbkugel nicht trifft.
Gemüsepfanne mit Frischkäse und Basmati-Reis
In der eigentlichen Küche schwingt Martin «Tinu» die Kelle. Der Profikoch denkt sich die Schlemmermenus aus. Er gehört zur Crew rund um Andrea, Marius, Silke und Annic, die die Jugendlichen anleiten. Rosidas Gemüse landet in seinem grossen Topf, zusammen mit Erbsen, Frischkäse und Gewürzen.
Beim heutigen Menu sind die Erbsen die einzige Tiefkühlware. Ein Anspruch des Bistroteams ist es, marktfrische Küche anzubieten und saisonale Produkte zu verarbeiten. Das bedeutet mehr Rüst- und damit Handarbeit. Aber genau darum geht es: Mit dem Einsatz im Bistro erhalten die Schülerinnen und Schüler der Blindenschule lebenspraktische Erfahrungen. Sie schneiden, waschen, messen, tischen. Sie lernen die Zubereitung von Gemüse, Salat, Beilagen, Dessert und Getränken. Sie zaubern aus verschiedenen Zutaten etwas Neues. Sie bedienen Geräte, achten auf Hygiene und kommunizieren mit fremden Menschen. Sie servieren mehrere Gänge und behalten den Überblick. Was gar nicht so einfach ist bei den zu unterschiedlichen Zeiten ankommenden Gästen. Sie kassieren ein und üben so den Umgang mit Geld.
Für die Gäste bietet der Lunch einen Einblick, wie wir die Kinder und Jugendlichen der Blindenschule Zollikofen nebst schulischer Bildung auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben vorbereiten und auf diesem Weg begleiten.