Gute Orientierung fördert selbstständige Fortbewegung
Vom eigenen Zimmer bis in die Stadt Bern per Bahn: Wir haben zum Ziel, dass sich die Kinder und Jugendlichen der Blindenschule Zollikofen in ihrer Umgebung zurechtfinden und lernen, sich selbstständig und vertrauensvoll zu bewegen. Wir gestalten den Unterricht in Orientierung und Mobilität der persönlichen Situation des Kindes entsprechend.
Wer um sich schaut, hat am schnellsten die meisten Informationen über seine Umgebung. Kinder, die blind oder sehbeeinträchtigt sind, lernen, sich anders zu orientieren. Sie machen dies mit dem Einsatz der anderen Sinne. Sie hören, sie tasten, sie bewegen sich. Sie erinnern sich an Bewegungen und Distanzen. Sie riechen, fühlen oder haben einen Rest Sehvermögen.
So weiss beispielsweise ein Kind, dass es in der Waschküche ist. Weil der Raum nach Waschpulver riecht, der Beton des Bodens sich kalt anfühlt und das Schleudern der Waschmaschine zu hören ist.
Mobilität kann vieles sein: kriechen, rollen, hüpfen, gehen, rennen, reisen. Blinde oder sehbeeinträchtigte Kinder laufen Gefahr, sich zu verletzen, wenn sie sich fortbewegen. Sie lernen deshalb, sich zu schützen. Das kann beispielsweise mit einem Ball sein, den sie vor sich her stossen. Oder einen Reif. Oder einen Kinderwagen. Oder sie benutzen einen Stock.
Oder sie erschaffen sich mit der Technik des Schnalzens ein imaginäres Bild im Kopf. Dabei nutzen sie ein Naturphänomen, das vor allem nachtaktive Tiere anwenden, um sich zu orientieren. Sie senden Schallwellen, die, an einem Objekt abprallend, ein Echo zurückwerfen. Das Echo erzeugt eine Art dreidimensionales Bild der Umgebung. Dieses Bild entsteht bei blinden Menschen nachweisbar im visuellen Cortex des Gehirns. Blinde und sehbeeinträchtigte Menschen können mit der Klicksonar-Methode also mit ihren Ohren sehen.
Wege, die sie gehen, machen den Raum erst zum Raum. Um die Vorstellung des Raumvolumens zu fördern, verfasste unsere Mitarbeiterin Viola Oser, Sonderpädagogin und Lehrerin für Orientierung und Mobilität, das Wohnungs- und Hausbuch. Das Buch hilft, Orientierung im eigenen Heim aufzubauen, die Begriffsbildung zu fördern und erste Erfahrungen mit Reliefs, Plänen und allenfalls sogar der Brailleschrift zu machen. Das Wohnungsbuch kann selber erarbeitet werden.
Es ist eine Herausforderung, ein Gespräch mit Juan Ruiz zu führen. Ein Mensch ständig auf Achse, immer zwei Schrittlängen voraus.
Weiterlesen
Orientierung bedeutet zu wissen, wo man ist, wohin man geht und wie man dorthin kommt. Orientierung findet dann statt, wenn man sich seiner Umgebung bewusst ist. Sehende schauen. Sehbeeinträchtigte bedienen sich aller anderen Sinne.